Schiedsrichter
Auch die Klubs sind gefragt
Der Kreis will mit den Vereinen über den Schiedsrichtermangel diskutieren:
VON THOMAS BRAUCKS
KREIS. Wie prekär die Lage ist, weiß jeder: Rund 200 Schiedsrichter sind im Fußballkreis aktiv - bis zu 350 aber wären nötig, um den Spielbetrieb vollständig abzudecken. Zum neuesten Anwärterlehrgang sind im April gerade einmal fünf Kandidaten angetreten.
Läuft es weiter wie bislang, wird sich die Not verschärfen. Harald Woller, Vorsitzender des Schiedsrichterausschusses, will nicht ausschließen, dass in naher Zukunft in den Kreisligen C überhaupt keine (gelernten) Unparteiischen mehr angesetzt werden können.
Was tun gegen den Schiedsrichtermangel? Das ist die spannende Frage. Und die will der Fußballkreis an diesem Donnerstag mit seinen Vereinen diskutieren.
Auf Anregung von Peter Postus, Vorstand beim Bezirksligisten Vestia Disteln und Mitglied der Initiative „Rettet die Amateurvereine“, lädt der Fußballkreis zu einer Podiumsdiskussion (8.7.2017) nach Recklinghausen ein. Das Thema: die Schiedsrichterentwicklung im Kreis.
„Wir haben ganz klar Defizite“, sagt der Fußballkreisvorsitzende Hans-Otto Matthey. „Die wollen wir im Gespräch mit den Vereinen offen diskutieren.“
Neben dem Kreisvorstand sitzen Harald Woller, der Vorsitzende des Schiedsrichterausschusses, und Mitglieder der Kreisspruchkammer auf dem Podium.
Um eine Basis für die Diskussion zu legen, wird der Kreisvorstand zunächst Daten und Fakten zum Schiedsrichtermangel im Fußballkreis vorstellen und anschließend Empfehlungen aussprechen, wie die Vereine das Problem anpacken können.
Gefragt seien aber auch die Vorstellungen und Ideen der Klubs, sagt der Kreisvorsitzende Hans-Otto Matthey. Die Veranstaltung sei kein Pflichttermin, betont Matthey. Der Recklinghäuser hofft trotzdem auf eine rege Beteiligung aus dem ganzen Kreis. „Ich bin sehr gespannt, wie die Vereine das Angebot annehmen.“
Auf den Nägeln brennen müsste das Thema jedenfalls. Denn die Vereine kommt der fehlende Schiedsrichternachwuchs ziemlich teuer zu stehen, seit der Verband zur Saison 2015/16 die Ordnungsgelder für jene Klubs erhöht hat, die nicht ausreichend Schiedsrichter für den Spielbetrieb zur Verfügung stellen können.
In der abgelaufenen Saison haben die 86 Vereine aus dem Fußballkreis Recklinghausen für zu wenig gestellte Schiedsrichter gemeinsam bis zu 19000 Euro an Strafgeld an den Verband gezahlt - und das pro Quartal!
Der FC Marbeck weiss wie es gehen kann!
Erläuterung wie die Sportkameraden des FC Marbeckes vermeiden Schiedsrichter-Soll-Zahlungen vornehmen zu müssen und wie man Strafgelder / Ordnungsgelder vermeidet:
Aus der Sicht des FC Marbeck sind für die Vereine folgende Dinge wichtig, die es zu erkennen gilt:
- ohne SR geht es nicht, jeder Verein muss die Gewinnung und Erhaltung von SR als Aufgabe verstehen, ohne die der Vereinsfußball nicht weiter gehen kann
- genauso wie die Vereine um Jugendspieler werben und versuchen neue Spieler zu gewinnen, müssen die Vereine auch potentielle neue SR ansprechen
- insbesondere die Erhaltung muss Aufgabe aller Vereine und deren Funktionäre sein; dies bedeutet vor allen Dingen ein respektvoller Umgang mit SR, insbesondere jüngeren SR, durch Trainer und Verantwortliche, sodass die SR nicht bei ihren ersten Spielen durch Fehlverhalten von Trainern und Zuschauern wieder schnell vom Hobby abkommen
- jeder muss akzeptieren, dass SR Fehler machen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass wir über niedrige Kreisklassen sprechen muss jeder wissen, dass hier Fehler gemacht werden, im Normalfall werden es noch weniger Fehler sein, als die Spieler begehen
Konkret haben wir im FC Marbeckfolgendes umgesetzt:
- Benennung einer verantwortlichen Person im Vorstand, der für die Betreuung der SR im Verein zuständig ist; diese Person sollte im Vorstand vertreten sein und eine gewissen SR-Affinität besitzen sowie Spaß am Umgang mit Menschen haben; auch muss die Person sich einbringen, damit Mehrwerte für die SR im Verein generiert werden können
- Ansprache von Spielern in den älteren Jugendmannschafen, insbesondere von den Spielern, die aufgrund von Verletzungen nicht mehr aktiv spielen können, aber dem Fußball sehr verbunden sind
- Konkret bedeutet dies, dass der Vernatwortlichesich ca. alle 6 Wochen mit den SR trifft und aktuelle Sachen bespricht sowie möglichen Unterstützungsbedarf identifiziert; so besprechen wir Besonderheiten der letzten Spielleitungen sowie in Ergänzung zu den Lehrabenden auch ausgewählte Themen, die bei den Lehrabenden aufgrund der großen Anzahl der Teilnehmer nicht machbar sind;
- wichtig ist zu betonen, dass diese Aktivitäten weder Ersatz noch Konkurrenz zu den vom Kreis durchgeführten Maßnahmen sind, sondern immer nur eine Ergänzung sein können, die den SR noch mehr helfen
- Für die beiden Jung-SR übernehmen wir vom Verein Fahrdienste oder begleiten sie zu Spielen, damit jemand vor Ort ist, der unterstützen kann
- Auch wenn die Begleitperson kein SR ist, hilft die Begleitung immer, da sie m.E. nach Sicherheit gibt
- Zusätzlich zu den Treffen alle 6 Wochen am Sportplatz gehen wir vom Vorstand mit allen SR im FC zweimal im Jahr essen um in lockerer Atmosphäre den Zusammenhalt der SR im Verein zu stärken und unsere Wertschätzung vom Vorstand auszudrücken
- Die Übernahme der gesamten Kosten für die Ausstattung der SR (Trikots, SR-Material, Trainingsanzug, Sporttasche) usw. versteht sich denke ich von selbst; dies bedeutet, dass die SR genauso behandelt werden, wie die Spieler der Seniorenmannschafen, sie bekommen also die gleiche Kollektion wie die Spieler was die Anzüge und Taschen angeht, dies führt zu einem größeren Zusammenhalt im Verein und die SR fühlen sich zugehörig (lediglich auf den Aufdruck eines Sponsors verzichten wir bei den SR)
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die wichtigste Maßnahme ist, dass sich eine Person im Vorstand für die SR verantwortlich fühlt, da dieser Ansprechpartner von sich heraus und mit eigenem Antrieb viel gewinnen kann. Wie so oft ist es somit ein Thema, welches vom persönlichen Einsatz der Einzelnen abhängig ist, da nur durch aktives Einbringen eine Verbesserung der Situation erreicht werden kann.
EMPFEHLUNGEN ZUR GEWINNUNG NEUER SCHIEDSRICHTER
- Ständige Akquise von Vereinsmitgliedern zur Übernahme der Tätigkeit als Schiedsrichter (untalentierte Jugendspieler, Ü32 und Ü40 Spieler, Spielerfrauen etc. permanent ansprechen)
- Gruppengespräche führen, in denen die Überzeugungsarbeit in der Regel leichter fällt.
- In den Vereinsversammlungen die Schiedsrichterentwicklung permanent ansprechen
- Aushang im Vereinsheim / „Schwarzes Brett“ / Vereinszeitung
- Facebook nutzen und hier bewerben
- Vorteile für SR (gerade an Jugendliche) anpreisen:
- Entscheidungsfähigkeit und Selbstbewusstseinsfördernd,
- Stärkung der Persönlichkeitsbildung hervorheben,
- Den Fairplay-Gedanken verinnerlichen, aber ebenso die finanziellen Vorteile wie
- Freier Eintritt bei Spielen auf der DFB-Ebene,
- Erhöhung des Taschengeldes durch attraktive Spesen
WAS KANN DER VEREIN NOCH ZUSÄTZLICH TUN!
- Elternversammlungen organisieren zwecks Ansprache zum besseren Verhalten den Schiedsrichtern gegenüber –insbesondere den Jungschiedsrichtern –aber auch den Gastspielern (Fair Play)
- Bessere Kontrolle der Jugendspiele –um Fehlverhalten der Trainer und Betreuer zu vermeiden bzw. zu unterbinden! Gilt auch im Seniorenbereich.
- Spielführerschulungen im Jugendbereich organisieren (Kreis ansprechen)
- Vereinsschiedsrichterbetreuer installieren (eigene Schiedsrichter und Gast-schiedsrichter betreuen)
- Spielleiterschulungen durchführen (Eltern der Jugendspieler)
- Ehrungskultur für die Vereinsschiedsrichter verbessern (Bindung an den Verein)
- Personenbezogenen Strafen von den betroffenen Schiedsrichtern und sonstigen Vereinsvertretern einfordern (Gemeinnützigkeitsverlust droht)
- Prämiensystem einführen
- DFBnet-Schulungen im Verein anbieten (ausfüllen des Spielberichts)
Ohne uns spielt sich nichts ab!
Status der Schiedsrichter im Kreis Recklinghausen:
Wie entsteht das Schiedsrichterdefizit im Kreis 27 (Recklinghausen)?
Die Bedarfsermittlung von Schiedsrichtern erfolgt über die gemeldeten Mannschaften der Frauen, Herren und Jugendmannschaften A und B. Hier müssen die Vereine je einen Schiedsrichter/in stellen.
Für die Landesliga, Verbandsliga und Oberliga muss der Verein drei Schiedsrichter stellen. Diese Ligen werden mit Schiedsrichterassistenten angesetzt.
Aktuell beträgt der Bedarf an Schiedsrichtern | 368 SR |
Aktiv sind zur Zeit nur | 220 SR |
Das Defizit beträgt | 148 SR |
Wie verteilt sich das Defizit auf die 84 Fußballvereine des Kreises Recklinghausen?
- Vereine mit SR-Soll-Erfüllung: 21 (25 %)
- Vereine ohne SR-Soll-Erfüllung: 63 (75 %) davon
- 15 Vereine ohne Schiedsrichter
- 9 Vereine erreichen zu mindestens 60% (kein zusätzlicher Aufschlag des Ordnungsgeldes)
- 60 Vereine bleiben unter 60% -somit erfolgt der 50%tige Aufschlag des Ordnungsgeldes
- 18 Vereine mit mindestens 4 fehlenden Schiedsrichter
Schiedsrichter im Kreis Recklinghausen:
- 1 Schiedsrichter leitet ab Saison 2017/18 Spiele in der 1. Bundesliga
- 1 Schiedsrichter in der Regionalliga
- 1 Schiedsrichter in der Oberliga
- 2 Schiedsrichter in der Verbandsliga
- 0 Schiedsrichter in der Landesliga
- 16 Schiedsrichter in der Bezirksliga
- 29 Schiedsrichter in der Kreisliga A
- 58 Schiedsrichter in der Kreisliga B
- 58 Schiedsrichter in der Kreisliga C und
- 54 Schiedsrichter leiten Spiele der Jugend, Frauen u. Ü-Mannschaften
Bedingungen um Schiedsrichter zu werden:
- Alter: ab 15 Jahren
- Mindestens 2 Spiele/Monat (verpflichtend)
- Teilnahme an mind. 6 Belehrungsabenden (verpflichtend)
UND DANN SCHIEDSRICHTER IN DER SAISON 2017/18 WERDEN DENN:
Ohne uns spielt sich nichts ab!
Die Schiedsrichterordnung und ihre Auswirkungen
Gemäß der SRO führt das Fehlverhalten der Schiedsrichter zur Verhängung von Ordnungsgeldern und die Vereine werden dafür in Haftung genommen.
Ordnungsgeld durch fehlen am SR-Abend – ohne Abmeldung:
Insgesamt: 7.100 EUR
Ordnungsgeld für fehlende Spielansetzungsbestätigungen:
- 227 Spiele die keine Ansetzungsbestätigung erhielten!
- Die Schiedsrichter versäumten auf „Bestätigen“ zu klicken bzw. ihre E-Mails zu beachten!
Das ergibt insgesamt ein Ordnungsgeld in Höhe von 2.270 €
Nichtantreten zu angesetzten Spielen:
Insgesamt gab es 206 Spiele an denen die Schiedsrichter nicht antraten und sich vorher nicht abgemeldet haben!
Hier die Spitzenreiter:
Insgesamt: 6.180 € Ordnungsgeld
Ordnungsgeld insgesamt:
- 7.100 EUR - Fehlen am Schulungsabend
- 2.270 EUR - Fehlenden Bestätigungen der Ansetzungen bei MS-Spielen
- 6.180 EUR - Nichtantreten zu angesetzten Spielen - ohne Abmeldung!!!
Insgesamt 15.600 EUR Ordnungsgeld für die Vereine in einer Saison!
Wie verteilen sich die angefallenen OG auf die 84 Vereine?
Gesamtanzahl Vereine: | 84 |
Vereine ohne Strafgelder: | 20 |
Vereine ohne Schiedsrichter: | 9 |
Vereine mit Strafgeldern <100 EUR: | 20 |
Vereine mit Strafgeldern ≥100 EUR und <400 EUR | 31 |
Vereine mit Strafgeldern ≥400 EUR: |
13 |
Fazit
- Ordnungsgelder können meist durch simple Maßnahmen drastisch reduziert werden!
- Abmeldungen vom SR-Abend per E-Mail-
- Spiel innerhalb der bekannten Frist (3 Tage) bestätigen [einfacher Klick auf den Link in der E-Mail]
- bekannte Termine (Geburtstag, etc.) vorab im dfb-net sperren (oder durch Ansetzer sperren lassen) - Bessere Vereinskontrolle in Sachen Ordnungsgelder, die durch Schiedsrichter verursacht werden
- Rückforderung von persönlichen Bestrafungen und Ordnungsgeldern (Sportgericht/Kreisschiedsrichterausschuss) zwingend erforderlich, da ansonsten der Verlust der Gemeinnützigkeit droht.
- Finanzielle Vereinbarung schriftlich fixieren und im Bedarfsfall konsequent durchführen bzw. Reduzierung der finanziellen Zuwendungen vornehmen.
78.625 Euro - in Worten Achtundsiebzigtausendsechshundertundfünfundzwanzig Euro
Wo für ?